Nightangel-82
  Ritzen SVV
 

Ritzen bis aufs Blut

Sie schneiden, ritzen, kratzen ihre Haut auf, bis das Blut quillt. Die Gründe für dieses Verhalten liegen oft in der Kindheit: Selbstverletzer wurden meist vernachlässigt, körperlich misshandelt oder sexuell missbraucht. Die Zuwendungen, die sie erhielten waren häufig schmerzhaft. D.h. die Betroffenen können ihren Körper nur durch Schmerz erfahren.
Oft sind Selbstverletzungen auch ein Hilferuf nach Aufmerksamkeit und Zuwendung.

 

Die Gründe

Worum geht es, wenn junge Menschen sich mit Rasiermessern, Scherben oder Zirkeln die Haut aufritzen, sich Haare ausreißen, sich selber schlagen? Experten vermuten gesellschaftliche Hintergründe.
Schließlich sei in einer Gesellschaft, die den einzelnen kaum wertschätzt, in der Orientierungen und Werte sich auflösten, ein Defekt des Identitätsgefühls strukturbedingt. Menschen verlieren zunehmend ihre sozialen Bezüge, nichts scheint verbindlich.
Die Grenze zwischen innen und außen würde immer verschwommener.
Fühlbar werde sie durch extreme Erfahrungen und gesellschaftlich sanktionierte Formen der Selbstverletzungen wie Piercing oder Branding.



                               
D
er Schmerz treibt den Schmerz hinaus

Weil sie den Boden unter den Füßen verlieren und sich abgrenzen möchten, wollen immer mehr Menschen ihr Grenzorgan, die Haut, heftig spüren.
Im Extremfall muss Blut das Selbst ins Bewusstsein zurück schwemmen. Ein Zitat soll verdeutlichen, worum es geht:
"Der Schmerz treibt den Schmerz hinaus."
(Subway to Sally, Rockband).
Auch unklare Erziehungsstile werden als Ursachen angeführt: Viele Familien, die nach außen vollkommen normal aussehen, sind innen eine einzige Szenerie von Gleichgültigkeit und Kälte, das bloße Nebeneinander von Einsamkeit. Viele Eltern wissen selbst nicht mehr, was richtig und was falsch ist und woran sie sich in punkto Erziehung halten sollten. Auch in den harten ökonomischen Rahmenbedingungen und unsicheren Zukunftsaussichten, auf die Jugendliche heute treffen, werden Ursachen gesehen.


                                                                                       

Die gestörte Seele

Ritzen beginnt immer mit einer depressiven Stimmung und führt zu einer Art Rausch oder Trance-Zustand.
Psychologisch betrachtet handelt es sich um eine Dissoziation (Abspaltung von sich selbst).
Ritzen gilt als Symptom einer tief liegenden seelischen Störung, häufig der so genannten Borderline-Störung.
Betroffene erleben, dass ein äußerer Schmerz für einen Moment von einem inneren Schmerz ablenkt.
Wenn die Gefühle explodieren, dann wird die Wunde zum Ventil, durch das der Innendruck nach außen kommt.


                                                                                               

Innere Spannung abbauen

"Das Blut schwemmt das Böse aus.
Wenn die Haut auseinander klafft, dann ist das wie ausatmen oder seufzen", sagt eine Betroffene.
Offenbar scheint eine Art Verkörperlichung mentaler Spannungszustände dabei eine wesentliche Rolle zu spielen: Der Vorgang der Verletzung, insbesondere das eigene aus einer Wunde austretende Blut zu sehen, scheint innere Spannungszustände im wahrsten Sinne des Wortes "abfließen" zu lassen.
Dieser kathartische Effekt, von dem betroffene Menschen häufig berichten, hält jedoch nur für eine relativ kurze Zeit vor, sodass sich das Verhalten oft wiederholt.


Selbstverletzung als Droge

In Phasen von absoluter Hoffnungslosigkeit oder Leere könne Ritzen wirken wie ein" Antidepressivum", sagt der Arzt Ulrich Sachsse," besser als jedes Medikament".
Körpereigene Opiate würden ausgeschüttet, das Gefühl der Erleichterung trete nach wenigen Sekunden ein, wie bei einem Crack-Trip:
Schnitt, Flash, Ruhe. Erst fühlt sich der Betroffene von anderen verletzt, dann verletzt er sich selbst.



Umgang mit Betroffenen

Selbstverletzendes Verhalten gilt unter Psychologen als Schrei nach dem Leben.
Viele betroffene Menschen können ohne Hilfe nicht damit aufhören: das Verhalten wird zur Sucht.

Selbstverletzendes Verhalten muss offen angesprochen werden. Eltern oder Freunde sollten versuchen, Verständnis für das Handeln des Betroffenen zeigen und ihm trotz seines schockierenden Verhaltens Wertschätzung zeigen.
Längerfristig müssen Betroffene fast immer professionelle, sprich psychotherapeutische, Hilfe beanspruchen.
Oft ist ein längerer Klinikaufenthalt unvermeidlich.



 
   
 
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